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Mieten oder Kaufen?: 16 Städte im Check

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A3216 Peter Kneffel/ dpa

Immobilienboom Kaufst Du noch oder mietest Du schon?

Mitten im Immobilienboom wagen viele Deutsche die größte Investition ihres Lebens: den Hauskauf. Aber fährt man damit langfristig billiger als ein Mieter? Schließlich sind die Preise vielerorts schon explodiert. manager magazin online hat nachgerechnet.
Von Martin Hintze

Hamburg - Christian Schmid-Burgk hat alle Hände voll zu tun. In der Verbraucherzentrale Hamburg gehört der Immobilienexperte zu den gefragtesten Beratern. Die Frage, die ihm am häufigsten gestellt wird, lautet: Lohnt es sich eine Immobilie zu kaufen? Oder soll ich besser Mieter bleiben?

Vor dieser Entscheidung steht früher oder später jeder, der über genügend Ersparnisse verfügt. Am Geld hapert es der Mehrheit der Deutschen derzeit nicht. Vier Fünftel der Deutschen kommen finanziell "gut" bis "sehr gut" zurecht, hat die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) kürzlich ermittelt. Ganz oben auf dem Wunschzettel: das eigene Haus. Laut einer Umfrage des Sparkassen- und Giroverbands halten rund 45 Prozent der Bundesbürger Immobilien für den idealen Weg ihr Vermögen vor einer vermeintlich drohenden Geldentwertung zu schützen. "Die Nachfrage ist derzeit auf einem Höhepunkt", stellte Verbandspräsident Georg Fahrenschon bei der Präsentation der Ergebnisse fest.

Die Präferenz für das eigene Heim kommt nicht überraschend. "Emotionale Gründe spielen bei der Entscheidung für eine Immobilie eine ganz entscheidende Rolle", sagt Helge Scheunemann, Researchleiter beim Immobilienberater Jones Lang LaSalle (JLL) Deutschland. Die "eigenen vier Wände" gehören für viele Menschen zum Lebensentwurf, besonders für Familien.

Der Zeitpunkt, den Wunsch in die Tat umzusetzen, scheint günstig: Schließlich sind die Zinsen für Immobiliendarlehen seit Monaten geradezu historisch niedrig. Hinzu kommt: Die weit verbreiteten Geldanlagen wie das Sparbuch, Tagesgeld oder Banksparpläne bieten derzeit nach Steuern kaum einen Inflationsausgleich. "Viele können dabei zusehen, wie ihr Kontostand dahinschmilzt", sagt Schmid-Burgk. "Das ist frustrierend."

Zentraler Baustein für die Altersvorsorge

Häuslebauer und Käufer sehen in dem Eigenheim einen zentralen Baustein für ihre private Altersvorsorge. Ihre simple Rechnung: Ist die Immobilie erst einmal schuldenfrei, sparen sie die Summe, die sie sonst monatlich an ihren Vermieter überweisen müssten.

Vieles spricht also auf den ersten Blick für den Hauskauf - auch jenseits aller Emotionen. Doch fährt ein Käufer langfristig wirklich günstiger als ein Mieter? Ist es in vielen Städten angesichts der gestiegenen Preise nicht längst viel zu spät?

Die Antwort auf diese Fragen ist sehr komplex. Die Rechnung, die man dafür aufmachen muss, enthält mehr Variablen als nur den aktuellen Kaufpreis und die Miete. Das weiß Max Herbst nur allzu gut. Als Chef der Frankfurter FMH-Finanzberatung erstellt er am laufenden Band solche Kalkulationen - für Privatleute ebenso wie für Investoren.

Wer unter dem Strich mehr Vermögen hat

Für manager magazin online hat FMH in 16 Städten den Kaufen-oder-Mieten-Check gemacht. Dazu gehören die Metropolen München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Köln. Aber auch vermeintliche B-Standorte, Städte die für Investoren meist nur zweite Wahl sind, und zwar Leipzig, Bremen, Hannover, Dortmund, Nürnberg, Dresden, Münster, Weimar, Freiburg und Stuttgart.

Die Ausgangslage: Der Käufer erwirbt eine 75-Quadratmeter-Wohnung. Er zahlt genau den Durchschnittspreis für die jeweilige Stadt. Für die Finanzierung bringt er 25 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital mit, weitere 85 Prozent leiht er sich über ein Darlehen mit 20-jähriger Zinsbindung bei der Bank. Die Tilgung liegt bei 2 Prozent. Nebenkosten für Makler, Steuern und Notar sind mit 10 Prozent des Kaufpreises einkalkuliert. Auf der anderen Seite der Mieter. Er lebt in der gleichen Wohnung und legt das Eigenkapital sowie gesparte Instandhaltungskosten an.

Komplexe Berechung

Soweit die Fakten. Für die Berechnung muss man allerdings auch einige Annahmen treffen. So wird unterstellt, dass die Bank nach Ablauf der Zinsbindung 6,5 Prozent für eine Anschlussfinanzierung fordert. Nach 30 Jahren ist die Wohnung schließlich abbezahlt. Der Mieter wiederum legt die gesparte Summe konservativ an und erhält 3 Prozent Zinsen nach Steuern. Aus Altersgründen zieht er nach 30 Jahren in eine kleinere Wohnung und zahlt dort ein Drittel weniger Miete.

Zudem wird angenommen, dass der Wert der Wohnung genauso schnell oder langsam steigt wie die Miete. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Boom in den betrachteten Städten zwar abschwächt, die Preise und Mieten aber wegen des steten Zuzugs vom Land in die Stadt weiter leicht steigen.

Wer steht nun nach Ablauf von 40 Jahren besser da? Die Antwort ist verblüffend eindeutig: der Käufer - und zwar in allen untersuchten Städten (hier finden Sie die Ergebnisse im Überblick). In teuren Metropolen wie München oder Frankfurt beträgt sein finanzieller Vorsprung gegenüber dem Mieter knapp 450.000 Euro. In relativ günstigen Städten wie Leipzig oder Weimar spart der Käufer immerhin noch 150.000 Euro. Zwar ist in den ersten Jahren die Belastung durch Kreditrate und monatliche Instandhaltungsrücklage höher als die Miete. Doch mit abnehmender Restschuld und steigendem Immobilienwert schlägt das Pendel zu Gunsten des Käufers um.

Wann Mieter die Nase vorn haben

"Der Grund für das eindeutige Ergebnis liegt in den gewählten Variablen", sagt FMH-Chef Herbst. Bei der Wahl der Wohnung war der Käufer bescheiden, hat solide finanziert und eine Immobilie mit positiver Wertentwicklung erwischt. Doch auf Sicht von 40 Jahren sind Vorhersagen unmöglich.

Beispiel Leipzig: Dort verändert sich das Ergebnis dramatisch sobald die Wohnung in einem gefragten Viertel liegt. Anstelle des Durchschnittpreises von 1040 Euro pro Quadratmeter werden plötzlich 2140 Euro verlangt. Wenn die Immobilie außerdem nicht wie geplant an Wert gewinnt - beispielsweise, weil eine vierspurige Straße davor gesetzt wird - hat der Mieter die Nase vorn und nach 40 Jahren rund 18.000 Euro mehr auf dem Konto.

Immobilienkäufern fehlt die Flexibilität

Auch geschickte Kapitalanleger, die mehr als die veranschlagten 3 Prozent Rendite erzielen, können sich gegenüber Käufern behaupten. Wer beispielsweise mit Aktien 8 Prozent Rendite einfährt, liegt in Leipzig 25 Jahre gleich auf mit dem Käufer.

Ein Malus der Immobilien liegt zudem in ihrer mangelnden Flexibilität. "In der Beratung fragen wir auch nach der beruflichen Situation und der Familienplanung", sagt Verbraucherschützer Schmid-Burgk. Schließlich macht sich der Kauf vor allem auf lange Sicht bezahlt. Wer aus beruflichen oder familiären Gründen umzieht oder arbeitslos wird und das Haus rasch verkaufen muss, erzielt selten den gewünschten Preis. "Beim Immobilienkauf legt man sich fest, sowohl beim Wohnort als auch bei der Größe", gibt Schmid-Burgk zu bedenken.

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